Angesichts erheblicher Preiserhöhungen insbesondere im Energiebereich sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf zur Entlastung der Bevölkerung. Der Bundesrat hat am 20.5.2022 dem Steuerentlastungsgesetz 2022 zugestimmt. Diese Entlastung wird sowohl finanziell als auch durch Steuervereinfachung zielgerichtet realisiert. Zur Entlastung werden der Arbeitnehmer-Pauschbetrag ab 2022 sowie der Grundfreibetrag für 2022 angehoben und die bis 2026 befristete Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler und der Mobilitätsprämie für Geringverdiener werden vorgezogen.
Das Entlastungspaket umfasst insbesondere folgende Maßnahmen:
Energiepreispauschale (EPP)
Anspruch auf die Energiepreispauschale (EPP) in Höhe von 300 EUR haben aktiv tätige Erwerbspersonen. Gemeint sind unbeschränkt Steuerpflichtige, die in 2022 Einkünfte als Angestellter, Freiberufler oder aus Gewerbe erzielen. Der Anspruch auf die EPP entsteht am 1.9.2022 und wird grundsätzlich mit der Einkommensteuerveranlagung festgesetzt, also erst mit dem Steuerbescheid 2022. Dies gilt jedoch nicht für Arbeitnehmer, die ihre Energiepreispauschale vom Arbeitgeber erhalten. Dies ist der Fall, wenn
- der Arbeitnehmer in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis steht und
- in eine der Steuerklassen 1 bis 5 eingereiht ist oder nach § 40a Abs. 2 EStG pauschal besteuerten Arbeitslohn bezieht (im letzteren Fall muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber schriftlich bestätigen, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelt),
- der Arbeitgeber eine Lohnsteuer-Anmeldung abgibt.
Die Arbeitgeber verrechnen die EPP grundsätzlich mit der Lohnsteuer. Ist der Arbeitgeber zur jährlichen Abgabe der Lohnsteueranmeldung verpflichtet, kann er auf die Auszahlung verzichten.
Übersteigt die insgesamt zu gewährende EPP den Betrag, der insgesamt an Lohnsteuer abzuführen ist, wird der übersteigende Betrag dem Arbeitgeber von dem Finanzamt, an das die Lohnsteuer abzuführen ist, aus den Einnahmen der Lohnsteuer ersetzt.
Ist eine Einkommensteuer-Vorauszahlung auch für Einkünfte aus §§ 13, 15 oder 18 EStG für den 10.9.2022 festgesetzt worden, dann ist diese Festsetzung um die EPP zu mindern.
Die EPP ist steuerpflichtig und wird mit dem individuellen Steuersatz besteuert. Zusätzlich fallen ggf. Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag an.
Bemerkenswert ist, dass bei Anspruchsberechtigten wie Selbstständige oder Gewerbetreibenden die Energiepreispauschale stets als Einnahme nach § 22 Nr. 3 EStG anzugeben ist, Die Freigrenze nach § 22 Nr. 3 Satz 2 i EStG ist insoweit nicht anzuwenden.
Die EPP ist bei einkommensabhängigen Sozialleistungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
Empfänger von Versorgungsbezügen (insbesondere Beamtenpensionäre) sowie Rentner, die keine der genannten Einkünfte erzielen, sowie Bezieher von ausschließlich sonstigen Einkünften erhalten keine EPP.
Kinderbonus
Zur Abfederung besonderer Härten für Familien wird für jedes Kind ergänzend zum Kindergeld ein Einmalbonus in Höhe von 100 EUR über die Familienkassen ab Juli 2022 ausgezahlt (§ 66 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG). Ein Anspruch auf den Kinderbonus 2022 besteht für jedes Kind, für das im Juli 2022 ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Kinder, für die im Juli 2022 kein Anspruch auf Kindergeld besteht, werden ebenfalls berücksichtigt, wenn für sie in einem anderen Monat des Jahres 2022 ein Kindergeldanspruch besteht.
Höhere Entfernungspauschale
Angesichts der gestiegenen Spritpreise soll wird die am 1.1.2024 anstehende Erhöhung der Pauschale für Fernpendler – ab dem 21. Entfernungskilometer – vorgezogen. Sie beträgt rückwirkend zum 1.1.2022 38 Cent (§ 9 Abs. 1 Satz 3 EStG). Die Erhöhung ab dem 21. Entfernungskilometer gilt bis einschließlich 2026. Derzeit beträgt die Pauschale bis zum 20. Kilometer 30 Cent, ab dem 21. Kilometer 35 Cent.
Mit Inkrafttreten dieser Regelung kann im darauf folgenden Monat die Anpassung eines Freibetrags im Lohnsteuerabzugsverfahren beantragen werden. Die höhere Entfernungspauschale wirkt sich aber wegen des ebenfalls erhöhten Arbeitnehmer-Pauschbetrags nur insoweit aus, als der Erhöhungsbetrag den Betrag von 200 EUR überschreitet. Auch für Steuerpflichtige mit doppelter Haushaltsführung wird die Anhebung der Entfernungspauschale vorgezogen und gilt bereits ab dem Jahr 2022.
Höherer Arbeitnehmer-Pauschbetrag
Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag wird rückwirkend zum Jahresbeginn 2022 um 200 EUR auf 1.200 EUR erhöht (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a. EStG).
Höherer Grundfreibetrag
Der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer wird rückwirkend zum 1.1.2022 von derzeit 9.984 EUR um 363 EUR auf 10.347 EUR (§ 32a Abs. 1 EStG) erhöht.
Rückwirkende Änderung des Lohnsteuerabzugs 2022
Die Anhebung des Grundfreibetrags und des Arbeitnehmer-Pauschbetrags schlägt unmittelbar auf die Höhe der Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer durch. Der bisher in 2022 vorgenommene Lohnsteuerabzug ist vom Arbeitgeber grundsätzlich zu korrigieren (§ 41c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG).
Steuerentlastungsgesetz 2022
Außerdem bietet die Bundesregierung ein ÖPNV-Ticket für neun EUR im Monat für die Monate Juni bis August an, „9 für 90“-Tickets.
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